Ferienlektüre gefällig?
Stendhal: Vie de Rossini
Stendhal (eigentlich Maire-Henri Beyle, 1783-1842) liebte die
italienische Musik, die Gesangskunst und das Musikleben Italiens. Er
übersetzte Goldoni, studierte die italienische Malerei und hielt sich
wiederholt in Italien auf (im Dezember 1827 wurde er übrigens von der
österreichischen Polizei aus Mailand ausgewiesen!). Sein "Rossini" von
1824 ist weit mehr als eine literarische Biographie des Komponisten.
Wer das französische Original nicht mag, kann zur deutschen Übersetzung
von Barbara Brumm (Frankfurt am Main 1988) greifen.
Franz Werfel: Verdi. Roman der Oper
Werfel (1890-1945) stellt in seinem 1924 veröffentlichten Roman die
Selbstzweifel des alten Verdi in den Mittelpunkt. Dieser befindet sich
zur Karnevalszeit des Jahres 1883 in Venedig, wo sich auch Richard
Wagner gerade aufhält (Verdis Aufenthalt ist allerdings rein fiktiv!).
An der Gestalt seines "Gegenpols" Wagner sowie des jungen deutschen
Komponisten Fischböck entzünden sich Selbstreflexionen des Komponisten
und Künstlers. Werfel hat damit die Verdi-Rezeption in Deutschland
wesentlich beeinflußt.
Alessandro Manzoni: I promessi sposi
Vor allem aber sei Ihnen dieses Werk ans Herz gelegt, das in so enger
Verbindung zu Verdis Messa da Requiem steht. Manzoni (1785-1873)
verkehrte in zahlreichen literarischen Kreisen in Mailand, Florenz und
Paris. Er schuf mit diesem wohl bedeutendsten Roman der italienischen
Literatur wahrhaft ein Jahrhundertwerk und eines der wichtigsten
Vorbilder für die Entwicklung des historischen Romans. Unter dem Gewand
"einer Mailändischen Geschichte aus dem 17. Jahrhundert" wird zugleich
Fremdherrschaft und Freiheitskampf thematisiert. Die Darstellung
unterschiedlichster Charaktere angesichts der grundlegenden Fragen des
Lebens, einer verheerenden Pest-Epidemie, dem Kampf um Liebe und Glück
macht den Roman zeitlos-aktuell.
Eine erste Fassung entstand 1821-1823 unter dem Titel "Fermo e Lucia";
sie wurde 1824 unter dem Titel "Gli sposi promessi" der Zensur
vorgelegt und erschien 1825-1826. Der fast achtundsiebzigjährige Goethe
war wohl der erste deutsche Leser. Manzoni hatte ihm sein Werk gleich
nach Weimar geschickt und Goethe war so hingerissen von dem Roman, der
in seinen Worten "alles überflügelt, was wir in dieser Art kennen", daß
er die 1136 Seiten in nur gut einer Woche las und die erste deutsche
Übersetzung auf den Weg brachte.
Manzoni, dessen Muttersprache die Sprache der Lombardei bzw. der
mailändische Dialekt blieb, war damit nicht zufrieden: Anknüpfend an
die große Tradition toskanischer Literatur (Dante, Boccaccio), ging er
daran "die Wäsche im Arno nachzuspülen" und veröffentlichte 1840-1842
eine von den Lombardismen befreite Neufassung, die zugleich ein
Meilenstein hin zu einer literarischen Hochsprache des Italienischen
werden sollte – in einer Zeit, in der Italien politisch und kulturell
keineswegs geeint war. Es gibt somit genug Gründe für Verdi, auf den
Tod des großen Manzoni mit einem Requiem zu reagieren und ihm so
zugleich ein Denkmal zu setzen.
Es gab seit 1827 mindestens fünfzehn deutsche Fassungen, die natürlich
jeweils Kinder ihrer Zeit sind. Sehr gut liest sich nach meiner Ansicht
die relativ neue deutsche Übersetzung von Burkhart Kroeber "Die
Brautleute" (Carl Hanser Verlag München u. Wien 2000); die zugleich die
Wortfolge und Syntax des Originals möglichst genau wiedergibt.
Beate Angelika Kraus